Forderungen der Jugenddelegierten an Bundespräsidenten Van der Bellen

Forderungen der Jugenddelegierten an Bundespräsidenten Van der Bellen

Statement beim World Leaders Summit

Die UNFCCC Jugenddelegierten Iris Zerlauth und Philipp Steininger werden als unabhängige Stimme der Jugend von CliMates Austria gemeinsam als Teil der österreichischen Regierungsdelegation zur COP27 entsendet. Bei der 5. Jugendklimakonferenz LCOY Austria konnten sie im Vorfeld die Forderungen der Jugendlichen sammeln, um diese an die österreichische Delegation und während der COP27 an Entscheidungsträger*innen weiterzugeben. Für Ihr Statement beim World Leaders Summit, appellieren wir als Vertreter*innen der jungen Klimabewegung an Sie, Herr Bundespräsident, 

1. dass Sie Österreichs Versäumnisse oder halbstarke Maßnahmen im Klimaschutz nicht schönreden, sondern die Regierung dort kritisieren, wo sie nicht pariskonform agiert:

  • Fehlendes Klimaschutzgesetz –  fehlender rechtlicher Rahmen für NDC-Einhaltung

Cedric (22): “Seit fast zwei Jahren warten wir auf das versprochene Klimaschutzgesetz. Es ist absurd: Wenn die Regierung das Gesetz nicht hinbekommt, dann hat sie auch keine Daseinsberechtigung. Corona hat uns gezeigt, dass die Politik sehr rasch Gesetze beschließen kann. Wir befinden uns in einer eskalierenden Klimakrise. Menschenleben hängen davon ab. Worauf wartet die Bundesregierung?”

  • Unzureichende internationale Solidarität und Bereitstellung von Klimafinanzierung

Zoé (16): “Die Klimakrise betrifft uns alle; wir können keine Art der Ausgrenzung tolerieren. Bereits heute gibt es viele Millionen Klimaflüchtlinge und künftig werden noch viel mehr Leute flüchten müssen, weil Klimakatastrophen ihre Lebensgrundlagen zerstören.”

  • Klimaschutz darf nicht an Parteigrenzen enden

Angelina (18): “Ich finde es schade, dass sich die unterschiedlichen Vertreter*innen der Parteien oft gegenseitig die Schuld am klimapolitischen Stillstand geben. […] Es geht hier nicht um Parteiinteressen, sondern um Menschen, deren Leben von der Klimakrise bedroht sind.”

2. dass Sie ähnlich vehement und klar über die Klimakatastrophe kommunizieren, wie der UN-General Sekretär Antonio Guterres; z.B. auf Twitter oder bei der UNO-Generalversammlung im September 2022

“But the truly dangerous radicals are the countries that are increasing the production of
fossil fuels. Investing in new fossil fuels infrastructure is moral and economic madness“.

“The G20 emits 80 percent of all greenhouse gas emissions. But the poorest and most
vulnerable – those who contributed least to this crisis – are bearing its most brutal impacts.
Meanwhile, the fossil fuel industry is feasting on hundreds of billions of dollars in subsidies and
windfall profits while household budgets shrink and our planet burns”.

3. dass Sie sich klar über die Folgen von 3 bis 4 Grad äußern: z.b.

“Wir steuern auf eine Welt zu, in der unser Leben in Gefahr ist, weil die Klimakrise zu Hunger, zu Migration, zum Kollaps von Staaten und zu Kriegen führen wird.”


Quelle: https://www.instagram.com/p/CkOVMPPNbQB/ 

Diskussion am Energy Roundtable

Die Mentor*innen der UNFCCC Jugenddelegierten von CliMates Austria: Isabella Pfoser und Michael Spiekermann waren als Teil der österreichischen Delegation beim 13. Clean Energy Ministerial und der 7. Mission Innovation als Stimme der Jugend in Pittsburgh vertreten. Ihr Urteil – ernüchternd: Kaum jemand auf dieser Konferenz sprach die unangenehmen Fragen an. Es fehlten die Politiker*innen, die sich für radikalen Klimaschutz im eigenen Land einsetzen. Radikaler Klimaschutz bedeutet, dass sofort aufgehört wird, neue Öl- und Gasfelder zu erschließen und kein Cent Steuergeld mehr für fossile Subventionen ausgegeben wird. Für Ihre Teilnahme am High-Level Energy Roundtable fordern wir Sie, Herr Bundespräsident deshalb dazu auf,

1. dass Sie Artikel 2.1(c) für Österreich ernst nehmen und andere Staaten am Roundtable dazu auffordern, selbiges zu tun:

Prominent ganz vorne im Pariser Klimaabkommen findet man, wie Sie wissen, den Make-or-Break-Paragraphen 2.1(c). Er verpflichtet Staaten, alle Finanzströme an das Pariser Klimaziel anzupassen. Österreich hat unterschrieben. Doch 7 Jahre nach dem Abkommen ist Österreichs Steuer- und Finanzsystem immer noch ein fossiles Chaos mit Steuerprivilegien für fossile Brennstoffe (Diesel-Privileg, Kerosinteuerbefreiung), klimaschädlichen Anreizen im Bereich Landwirtschaft, Gebäude, Industrie und Verkehr sowie im Finanzausgleich Abgesehen von einer halbgaren CO2-Bepreisung ist Österreich in puncto 2.1(c) keinen Schritt weiter als 2015. Selbiges gilt für viele andere Staaten. Finanzflüsse sind der große Elefant im Raum, wenn es um Klimaschutz geht und trotzdem wurde bis jetzt viel zu wenig darüber gesprochen und kaum ein Staat geht vorbildlich voran

2. dass Sie Klimaschutzmaßnahmen (bzw. Mitigation in der UNFCCC-Struktur) für Österreich ernst nehmen und andere Staaten am Roundtable dazu auffordern, Selbiges zu tun:

Eines ist klar: Die Klimaschutz-Versprechen (Pledges), die auf internationaler Ebene von den Regierungschef*innen abgegeben werden, erfüllen ihren Zweck nur, wenn sie auch national umgesetzt werden. Versprechen ohne konkrete Ziele, Pläne und Politikinstrumente/Maßnahmen sind nicht nur nutzlos, sondern sogar gefährlich. Der vor Kurzem veröffentlichte, diesjährige Emissions Gap Report der UN unterstreicht, dass wir ein Umsetzungsproblem haben. Trotz 1,5° Ziel befinden wir uns derzeit auf einem Kurs Richtung eines 2,5 -2,8 Grad heißeren Planeten, liest man dort. Als Antwort wird darin eine rapide und kollektive Transformation der Gesellschaften gefordert.

Das gilt für alle Länder der Welt. Auch für Österreich. Aus Österreichs Ziel der Klimaneutralität 2040 ist nichts als ein leeres Versprechen, wenn es keine rechtlichen, die Legislaturperioden überdauernde Kontrollmechanismen die, die Entscheidungsträger*innen in Wirtschaft und Politik auch wirklich verpflichtet, die Emissionsreduktionen einzuhalten. 

Schwerpunkte der Jugenddelegierten auf der COP27

Die Jugenddelegierten haben sich intensiv in die Thematik der internationalen Klimafinanzierung und jener von Schäden und Verluste (Loss and Damage) eingearbeitet, sich mit anderen relevanten Stakeholdern vernetzt und werden in Sharm-El-Sheikh auch insbesondere die Verhandlungsfortschritte dieser beiden Agendapunkte verfolgen und an die österreichischen Medien Bericht erstatten. Für letzteres haben wir ein Informationsblatt zu den zwei Agendapunkten vorbereitet (welches wir im Anschluss gerne zukommen lassen), die wichtigsten Forderungen sind vorerst hier zusammengefasst: 

Forderungen zur internationalen Klimafinanzierung 

  • Dass die Höhe der Klimafinanzierung massiv angehoben wird, und Österreich einen fairen Anteil am Finanzierungsziel beitragen muss.
  • Dass Österreich seinen fairen Anteil rein mit Zuschüssen begleichen soll, und dass Kredite zusätzlich abgeschlossen werden können, aber keine Zuschüsse ersetzen sollen.
  • Dass Österreich sich dringend dafür einsetzen muss, dass das neue Finanzierungsziel ab 2025 mit dem Pariser Klimaziel kompatibel ist und alle Industriestaaten das versprochene Geld auch aufwenden.

Forderungen zu Schäden und Verlusten 

  • Dass die Staaten des globalen Nordens, allen voran die Europäische Union und die USA, 

– ihre historische Verantwortung anerkennen   

– sich entsprechend konstruktiv und lösungsorientiert an den Verhandlungen zu einem L&D
  Finanzierungsmechanismus beteiligen,   

– und in dessen Rahmen Zusagen zu angemessenen Finanzierungsmaßnahmen liefern. 

  • Dass die Verhandler:innen und Politiker:innen anerkennen, dass es hinter den Diskussionspunkten um den Verlust von Menschenleben und Biodiversität geht 
  • Dass auch Österreich als wohlhabendes Industrieland Verantwortung wahrnimmt, Finanzierung für L&D als eigene Agenda proaktiv vorantreibt und im Rahmen der COP27 mehrere Millionen Euro (wie z.B. Dänemark oder Schottland) für die Finanzierung von Verlusten und Schäden bereitstellt und andere Mitgliedstaaten der EU dazu auffordert Selbiges zu tun. 
  • Dass zusätzlich das Santiago Netzwerk im Rahmen der COP27 fertig verhandelt und operationalisiert wird, und Österreich angemessene Mittel für dessen Finanzierung bereitstellt. 
  • Dass sich Österreich im Rahmen der EU für die aktive Mobilisierung von Geldern aus dem privaten Sektor mittels Steuern, Abgaben, Abbau von Subventionen, etc. für die Finanzierung von Verlusten und Schäden einsetzt:
  • Dass Konzepte erarbeitet werden, die die Linderung von nicht-ökonomischen Schäden verfolgen und diese auch im UNFCCC berücksichtigt werden.